Gemeinsam mit der akademischen Selbstverwaltung stellt die studentische Selbstverwaltung die direkteste Ausdrucksform unseres demokratischen Systems an unseren Hochschulen dar. Durch die Hochschulpolitik kommen viele junge Menschen zum ersten Mal in Kontakt mit demokratischen Prozessen, ihre Ergebnisse betreffen die Studierenden unmittelbar. Allerdings deutet die permanent niedrige Wahlbeteiligung bei Hochschulwahlen darauf hin, dass vielen die Bedeutung der studentischen Selbstverwaltung und der Hochschulpolitik leider nicht bewusst ist. Die Liberalen Hochschulgruppen Niedersachsen sind dennoch davon überzeugt, dass es die Studierenden selbst sind, die am besten wissen, was gut für sie ist. Wir setzen uns deshalb für ein freies und selbstbestimmtes Studium ein. Um der Vielfalt der Interessen und Belange der unterschiedlichen Studierenden wieder mehr Geltung zu verschaffen, fordern wir außerdem eine Neustrukturierung und Stärkung der Selbstverwaltung an unseren Hochschulen.

Akademische Selbstverwaltung
Die niedrige Wahlbeteiligung bei Hochschulwahlen kann auch als Ausdruck der Frustration vieler Studierender verstanden werden, die oft das Gefühl haben, ohnehin nur wenig Einfluss auf die Hochschulpolitik nehmen zu können. Unser Ziel ist es deshalb, die Statusgruppe der Studierenden zu stärken und besserzustellen, als es aktuell der Fall ist. In diesem Sinne lehnen die Liberalen Hochschulgruppen Niedersachsen die bisher bestehende Hochschullehrer-Mehrheit gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 des Niedersächsischen Hochschulgesetzes (NHG) ab, denn diese Regelung führt dazu, dass die Statusgruppen der Studierenden, der wissenschaftlichen Mitarbeiter sowie der Mitarbeiter in Technik und Verwaltung (MTV) nur unzureichend in Entscheidungen eingebunden werden. Als Folge der Hochschullehrer-Mehrheit finden Interessen dieser Statusgruppen in Lehre, Studium und Verwaltung häufig zu wenig Gehör.

Die Liberalen Hochschulgruppen Niedersachsen fordern daher die Änderung des § 16 Abs. 3 Satz 1 dahingehend, dass die Hochschullehrer stets über höchstens die Hälfte der Stimmen in allen Gremien verfügen dürfen, sodass ein Stimmgleichgewicht der Hochschullehrer gegenüber den additiven Stimmen der Studierenden, wissenschaftlichen Mitarbeiter und MTV besteht. Diese Regelung soll die Zusammenarbeit der Statusgruppen fördern, die unterschiedlichen Interessenlagen in einen faireren Ausgleich bringen und dafür sorgen, dass auch Ideen der Studierenden und Mitarbeiter ausreichend im Diskurs beachtet werden.

Daneben fordern die Liberalen Hochschulgruppen Niedersachsen, dass auch bei der Zusammensetzung der Findungskommission zur Ernennung bzw. Bestellung eines neuen Präsidenten oder einer neuen Präsidentin einer Hochschule die Studierendenschaft mit mindestens einem stimmberechtigten Vertreter berücksichtigt wird. § 38 Abs. 2 Satz 3 NHG ist entsprechend zu ergänzen.

Weiterhin setzen wir uns für die Einrichtung von studentischen Vizepräsidenten mit dem Aufgabenbereich Studium und Lehre an allen niedersächsischen Hochschulen ein, um die gemeinsame Gestaltung der Hochschule von Lehrenden und Lernenden auch auf der obersten Verwaltungsebene zu garantieren. Die Wahl der studentischen Vizepräsidenten soll in Form einer Direkt- bzw. Urwahl erfolgen und als gültig gelten, wenn mindestens fünfzehn Prozent aller Wahlberechtigten der Studierenden sich beteiligt haben. Wird das Quorum nicht erreicht, bleibt das Amt bis zur erfolgreichen Wahl eines Vizepräsidenten unbesetzt. Es ist maximal eine Wiederwahl möglich. Die Amtszeit des studentischen Vizepräsidenten beträgt zwei Semester.

Studentische Selbstverwaltung
Wir sind der Überzeugung, dass auch junge Leute schon zu vielen Themen eine sehr fundierte Meinung haben können und deshalb berechtigterweise mehr Mitspracherecht bei der demokratischen Entscheidungsfindung einfordern. Hochschulpolitik sollte sich allerdings auch auf hochschulpolitische Belange konzentrieren. Ihr Zweck ist es, die Rahmenbedingungen der Studierenden vor Ort zu verbessern und in diesem Sinne einen positiven Einfluss auf die Gestaltung von Studium und Lehre in unserem Land zu nehmen und somit den Hochschulstandort Niedersachsen insgesamt nachhaltig zu stärken. Hierzu sind auch landes- und bundesweite Kooperationen unter den verschiedenen politischen Studierendenverbänden, Hochschulinitiativen und Hochschulgruppen sinnvoll.

Die Wahrnehmung eines allgemeinpolitischen Mandats, also die Positionierung von Studierendenschaften zu anderweitigen, allgemeinpolitischen Aussagen, lehnen wir jedoch ab. Die verfassten Studierendenschaften sollen sich ausschließlich mit Themen beschäftigen, die einen inhaltlich direkten Bezug zur Hochschule haben. Es ist explizit nicht die Aufgabe der verfassten Studierendenschaften, inhaltlich die gesamte Lebenswelt der Studierenden abzubilden.

Die Liberalen Hochschulgruppen Niedersachsen bekennen sich zu den verfassten Studierendenschaften. Bei allen Vorteilen, die die studentische Selbstverwaltung mit sich bringt, sollten Studierende, die die einzelnen Angebote und Partizipationsmöglichkeiten nicht in Anspruch nehmen möchten, die Möglichkeit einer freiwilligen Entscheidung über die Mitgliedschaft in der verfassten Studierendenschaft besitzen. Die Studierenden werden im Laufe des Immatrikulationsprozesses bzw. des Rückmeldungsprozesses gefragt, ob sie optional der verfassten Studierendenschaft ihrer Uni beitreten. Tun sie dies, erhalten sie die vollwertige Mitgliedschaft, zahlen aber auch den Beitrag. Lehnen sie den Beitritt ab, sind sie nicht mehr zahlungspflichtig, müssen aber auf alle Vorzüge der Mitgliedschaft verzichten.

Ebenso wollen wir ermöglichen, dass jedes Semester Studierende individuell aus der verfassten Studierendenschaft austreten können. Deshalb setzen wir uns für eine entsprechende Änderung des § 20 Abs. 2 NHG ein.

Die Liberalen Hochschulgruppen Niedersachsen fordern die Fraktion der Freien Demokraten im Niedersächsischen Landtag dazu auf, auf eine entsprechende Änderung des NHG hinzuwirken.